#Digitale Vorbilder – Familien gehen online

Erstes EU-Projekt deutscher Datenschutzaufsichtsbehörden.

Ende 2021 beantragte der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern (LfDI MV) gemeinsam mit dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) Gelder des EU-Programms „Citizens, Equality, Rights and Values-2021-DATA“ (CERV-2021-DATA).

Zu den allgemeinen Programmzielen des CERV-Programms gehören:

  1. Schutz der Werte der Europäischen Union;
  2. Gleichstellung, Rechte und Geschlechtergleichstellung zur Förderung von Rechten, Antidiskriminierung und dem Schutz von Bürgerrechten und Schutz der personenbezogenen Daten der Bürgerinnen und Bürgern der EU;
  3. Bürgerbeteiligung und Teilhabe zur Förderung von Teilhabe am demokratischen Leben in der EU;
  4. Unterstützung zur Bekämpfung von Gewalt und speziell geschlechterspezifischer Gewalt.

Die spezifischen Ziele des „funding & tender opportunities CERV-2021-DATA-Programms“ haben das Ziel die Aktivitäten der nationalen Datenschutzaufsichtsbehörden zu unterstützen. Dazu zählen einerseits die Priorität der Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit zur DS-GVO und anderseits die Unterstützung von KMUs in der Umsetzung der DS-GVO. Von diesem speziellen Förderprogramm für Datenschutzaufsichtsbehörden machten der LfDI MV und der HmbBfDI Gebrauch und beantragten Gelder für ein Familien-Medienprojekt.

Das gemeinsam entwickelte und beantragte Projekt mit dem Arbeitstitel „D.E.A.P. – Data, Education, Awareness, Protection“ hat sich zum Ziel gesetzt, das Thema Datenschutz für Familien erlebbar und verständlich zu machen. Unsere Herangehensweise und Planung haben das Komitee überzeugt. Der LfDI MV und HmbBfDI erhielten rund 35 Prozent des Gesamtbudgets aus dem CERV-DATA-Fördertopf, um Familien im Bereich Datenschutzbewusstsein und Medienerziehung aufzuklären. Da dies das erste Mal ist, dass deutsche Datenschutzaufsichtsbehörden EU-Gelder zu diesem Zweck beantragt und erhalten haben, ist der LfDI MV zusammen mit dem HmbBfDI damit zum Vorreiter in der Erfüllung des Auftrages, „Bürgerinnen und Bürger zu sensibilisieren und spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche umzusetzen“ (Art. 57 Abs. 1 lit. b DS-GVO). Mit der Projektzusage der Europäischen Union im Frühjahr 2022 konnte das Projekt zum 1. November 2023 starten. Schnell wurde dabei klar, dass der Projekttitel „D.E.A.P. – Data, Education, Awareness, Protection“ nicht für die Ansprache von Familien hilfreich sein wird. Wir entwickelten einen Markennamen mit Logo und Slogan, der seitdem das Projekt in ganz Deutschland bekannt macht: #Digitale Vorbilder – Familien gehen online.

Was steckt hinter der Projektidee?

Innovativ ist der Gedanke, Familien ganz niederschwellig erreichen zu wollen. Im Familienalltag sind digitale Medien und Apps nicht mehr wegzudenken. Die Faszination für die alltagserleichternden und unterhaltsamen digitalen Möglichkeiten ist sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen gleichermaßen vorhanden. Gleichzeitig werden digitale Medien schnell zum Streitthema in der Familie, wenn es darum geht, welche Medien Kinder wie lange nutzen dürfen, welches die besten Sicherheitseinstellungen für Geräte und Apps sind und wie viel Kinder und Jugendliche im Netz von sich preisgeben sollten. Das sind nur einige Themen, die in Familien zu Unsicherheiten führen.

Medienkompetenz bedeutet, sich aktiv, kritisch und selbstbestimmt mit Medien auseinander setzen zu können. Dazu müssen neben den Vorteilen und Möglichkeiten von digitalen Medien auch deren Risiken und Gefahren bekannt sein, um ganzheitlich Handlungskompetenzen erwerben zu können. Das Projekt #DigitaleVorbilder – Familien gehen online setzt genau an dieser Stelle an. Es möchte Familien für die digitale Lebenswelt ihrer Kinder und für neue technologische Entwicklung begeistern, ihnen Hilfestellungen zum Schutz ihrer Privatsphäre aufzeigen und sie ermutigen, das eigene Mediennutzungsverhalten zu hinterfragen.

Es wurde konkret

Mit Beginn des Jahres 2023 wurde die Planung für die Projektumsetzung konkret. Als Kooperationspartner für die gesamte mediale Aufarbeitung unterstützt Hamburgs Bürger:innensender und Ausbildungskanal das Projekt.

Wie im Projektantrag beschrieben ging es um die Durchführung von fünf Vor-Ort-Veranstaltungen und zehn Online-Seminare. Von den Vor-Ort-Veranstaltungen sollten zwei in Hamburg und drei Veranstaltungen in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden. Am 30. September 2023 startete die Umsetzung mit einem Familien-Medien-Nachmittag in Hamburg und Schwerin. Im Herbst folgten in MV weitere Termine: Am 2. November in Torgelow und am 4. Dezember in Güstrow.

Um möglichst viele Familien zu erreichen, wurde das Gesamtkonzept der Medienaktionstage für die ganze Familie an einem Samstagnachmittag entwickelt. Die Nachmittage beinhalteten eine bunte Palette an medienpädagogischen Aktionen für Kinder, begleitet von interessanten Kurzvorträgen, Podiumsdiskussionen verschiedenen Informationsständen aus landes- und bundesweiten Initiativen wie Blinde Kuh e.V, klicksafe, Schauhin.info, Juuuport, Landeskriminalamt MV, Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen MV, den Datenschutzaufsichtsbehörden und vielen mehr. So hatten die Familien Zeit sich mit dem Thema Medienerziehung in der Familie, Datenschutzbewusstsein und neuen digitalen Herausforderungen auseinanderzusetzen und gleichzeitig konnten Kinder und Jugendliche sich mit digitalen oder analogen Freizeitmöglichkeiten beschäftigen.

Am 8. November 2023 startete dann ebenfalls die zehnteilige Online-Seminarreihe, die konkrete Themen wie „Gaming spielend sicher“, „Die zehn Datenschutz-Mythen“, TikTok, Snapchat & Co.“ oder „Cybermobbing“ und „Verantwortung im digitalen Raum“ ansprach. Die Seminare fanden bis zum 15. Mai 2024 jeweils abends online um 19:00 Uhr statt.

Während der Laufzeit der Online-Seminare stieg die Zahl der Zuschauenden auf bis zu 300. Doch diese Online-Seminare fanden nicht nur für den Moment statt. Alle Seminare wurden im Fernsehstudio des Medienprojektpartners TIDE aufgezeichnet und verschiedene Moderiende und Gäste führten durch das jeweilige Thema. Die Teilnehmenden hatten dabei die Möglichkeit über den Chat Fragen zu stellen, die dann live im Studio beantwortet wurden.

Durch die Aufzeichnung der Seminare und auch der Vorträge der Medienaktionstage sind viele interessante Videos entstanden. Mittlerweile sind fast alle Videos auf unserer Website www.digitale-vorbilder.eu nachschaubar. So soll das Fachwissen erhalten bleibt. Zusätzlich bietet es Familien die Möglichkeit sich verpasste Seminare und Vorträge nachträglich anzuschauen.

Neben den längeren Videos der Seminare und Vorträge entstehen gerade kurze 60-Sekunden-Videos, die über unsere Projektpartner:innen online geteilt werden können. Ein weiterer möglicher Einsatz ist, dass pädagogische Fachkräfte diese Clips bei Elternabenden einsetzen. Zudem werden die Clips und Videos in verschiedenen Sprachen synchronisiert, darunter Englisch, Französisch, Spanisch, Hocharabisch, Russisch und Türkisch sowie in Gebärdensprache. Die Barrierefreiheit und Mehrsprachigkeit ist uns wichtig und ist nicht nur ein Wunsch der EU bei der Umsetzung des Projektes – es ist uns wichtig, dass alle interessierten Menschen den Zugang zu diesen Informationen erhalten.

Was noch zum Projekt gehört

Eine weitere Herausforderung bestand in der Zusammenstellung eines fachlichen Projektbeirates, der sich aus insgesamt sechs Institutionen der beiden Bundesländer zusammensetzen sollte. Er wurde Anfang 2023 initialisiert und setzt sich aus folgenden Institutionen zusammen: Kindersuchmaschine Blinde Kuh e.V., Elternschule Wilhelmsburg, Stadtteilmütter der Diakonie Hamburg, Kinderschutzbund Landesverband Hamburg, das Kompetenzzentrum für Menschen mit Hör- und Sehbehinderungen Schwerin und das Kompetenzzentrum für exzessive Mediennutzung und –abhängigkeit der Evangelischen Suchthilfe MV. Der Beirat begleitet das Projekt regelmäßig und gibt durch seine fachliche Expertise zusätzliche Anregungen, wie man die Zielgruppe gut erreichen kann und welche Ansprache und Themen aus Sicht der Beiratsmitglieder wichtig sind.

Eine weitere Notwendigkeit seitens der EU liegt in der Evaluation des Projektes. Die Wahl fiel auf das Institut Brückenbilden von Anke Töpper, in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Ricarda Grübler, die bereits die Evaluation der Fortbildungsreihe „klicken, spielen, zappen“ zur Medienbildung im frühkindlichen Bereich evaluiert hatten. Sowohl während der Medienaktionstage in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern als auch bei den Online-Seminaren wurden Befragungen der Teilnehmenden durchgeführt. Dabei entstanden unter anderem folgende Aussagen (Auszüge aus dem Tran- skript des Evaluationsteams):

„Es waren überall auch kleine Kinder […] und die haben sich alle beschäftigt mit etwas Digitalem oder Nichtdigitalem. Deshalb fand ich es sehr familiär.“
„Ich war eben oben bei klicksafe.de und da wurde spontan auf Fragen eingegangen. Es wurde kein Programm ‚einfach nur so durchgezogen‘. Es wurde individuell auf die Gruppe geguckt, welche Fragen da sind.“
„Ihre Kollegin hat den neuen Medienvertrag vorgestellt. Ja, ich bin begeistert von der Idee […].“
„Also, ich bin mir bewusst, dass ich ein Vorbild bin, aber mir ist auch bewusst, dass ist nicht immer ein gutes Vorbild bin.“

Was kommt jetzt noch?

Am 3. Juli 2024 finden in Hamburg und am 4. Juli 2024 in Güstrow (MV) jeweils Fachtagungen für pädagogische Fachkräfte statt. Hier werden neben Podiumsdiskussionen und Fachvorträgen auch Workshops zum Einsatz unserer Bildungsmaterialien durchgeführt.

Neben den Videos und Clips entsteht gerade eine Informationsbroschüre, die alle wichtigen Inhalte mit Tipps und weiterführenden Informationen auch aus den Fachveranstaltungen zusammenfasst. Dazu gehören grafische Dokumentationen der Veranstaltungen als Poster und Infokarten mit Tipps. Die Broschüre wird im Laufe des Sommers fertiggestellt und zu Beginn des neuen Schul- und Betreuungsjahres in den Einrichtungen zum Einsatz kommen.

Auch diese Broschüre wird es in verschiedenen Sprachen geben und auf der Website: www.digitale-vorbilder.eu zum Download bereitstehen.

Fazit

Ein EU-Projekt dieser Größenordnung braucht Zeit und Kapazitäten in den Datenschutzaufsichtsbehörden. Gleichwohl haben wir festgestellt, dass das Interesse am Thema Datenschutz und Medienerziehung bei den Familien groß ist. Die Menschen, die wir erreicht haben, waren von den Informationen und Möglichkeiten begeistert. Sie wollen alle #DigitaleVorbilder sein. Dafür brauchen wir auch auf politischer Ebene Unterstützung. Eine Vernetzung von Beratungsstellen, Angeboten im lokalen und digitalen Raum braucht mehr Sichtbarkeit. Doch auch eine Vernetzung benötigt Zeit und Kapazitäten. Zudem ist es wichtig, in allen Phasen der Aus- und Weiterbildung für pädagogische Fachkräfte und in der Lehramtsausbildung bundesweit die Themen Datenschutz und Medienbildung in Verbindung mit Elternarbeit verpflichtend zu machen. Das können Datenschutzaufsichtsbehörden nicht allein bewältigen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der wir nach Art. 57 Abs. 1 lit. b DSGVO gern unseren Teil bei- tragen.

Das Projekt #DigitaleVorbilder wird auch nach Projektende bestehen. Jedoch ist noch unklar in welchem Umfang. Dazu verständigten sich die jeweiligen Datenschutzbeauftragten aus Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Das Wissen und die Materialien werden abrufbar bleiben unter: www.digitale-vorbilder.eu.

Über die Autorin

Antje Kaiser


ist Referatsleiterin Presse, Kommunikation und Medienbildung beim Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg- Vorpommern (LfDI MV).

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