Einblick in unbekannte Welten

Die fortschreitende Digitalisierung bringt immense Vorteile, aber auch erhebliche Herausforderungen im Datenschutz mit sich. Für Jurastudierende ist es unerlässlich, sich frühzeitig mit der DSGVO und deren Anwendung vertraut zu machen. Das Legal Tech Lab Frankfurt am Main unterstützt durch Workshops und Veranstaltungen, die das Verständnis für digitale Themen fördern. Dieser Aufsatz beleuchtet die Bedeutung des Datenschutzes im Studium und zeigt, warum ein tiefes Verständnis für diese Themen in einer zunehmend digitalisierten Welt unverzichtbar ist.

Die Digitalisierung ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig und erzeugt einen ständigen Wandel. Wer ein langes Studium, wie das der Rechtswissenschaft, bestreitet, konnte in den letzten Jahren hautnah miterleben, wie sich dieser Wandel an den Universitäten vollzogen hat. Ein Auslöser für die rasche Veränderung des digitalen Standards war die Corona-Pandemie, die Studierende und Professoren zum Heimstudium zwang. Die positive Folge: eine (längst überfällige) Anpassung des digitalen Lernangebots. Damit einhergehend entstanden allerdings auch neue datenschutzrechtliche Herausforderungen, die vorher weder den Studierenden noch den Universitäten bewusst waren. Wir haben diese Vorgänge beim Legal Tech Lab Frankfurt am Main e.V. mit besonderem Interesse verfolgt. Dieser Aufsatz betrachtet daher einerseits die Perspektive von Studierenden auf Datenschutz und gleichzeitig die Relevanz des Themas für Studierende der Rechtswissenschaft.

1. (Fehlende) Digitalisierung im Studium

Digitales Studieren haben wir als Studierende erst mit dem Beginn der Covid-19-Pandemie kennengelernt. Davor gab es zwar online verfügbare Lernplattformen wie OLAT; diese wurden jedoch nur spärlich genutzt und dienten lediglich zur Bereitstellung von Lehrmaterial und Noten. Mit dem Start des Sommersemesters 2020 mussten unsere Professoren dann wegen der Pandemie auf den Online-Unterricht umsteigen. Schnell hat sich der Videokonferenz-Anbieter Zoom gegen Konkurrenten wie Google Meets und Skype durchgesetzt. Nachdem sich Professoren und Studierende an das Online-Format gewöhnt hatten, wurden mehr und mehr digitale Lernangebote gemacht. Die Präsentationen und Fälle aus den Vorlesungen wurden uns – soweit das rechtlich möglich war – zum Download bereitgestellt. Es hat also stark einer klassischen Fernuni geähnelt.

Zusätzlich konnten wir unser Wissen anhand von Quizzlets im Selbsttest auf die Probe stellen. Diese „gamifizierten“ Lernangebote stellten sich als besonders effektiv heraus. Durch den spielähnlichen Aufbau werden Erfolge direkt belohnt und mithilfe von ständig wechselnden interaktiven Aufgaben bleibt die Aufmerksamkeit stabil.

Die Umstellung auf digitale Alternativen hat sich seitdem auf das gesamte Studium ausgeweitet: Die Kommunikation mit der Universität via E-Mail, der Bezahlvorgang in der Mensa mittels Scan-Verfahrens, das Einreichen von Klausuren und Hausarbeiten über die universitätsinterne Lernplattform sind nur einige Beispiele, die zeigen, wie Technologie im Studienalltag implementiert ist. Die derzeit interessanteste Neuerung ist der KI-basierte Plagiat-Check von Hausarbeiten. Es besteht ein besonderes Interesse an der Kontrolle der Originalität der Werke. Denn das KI-unterstützte Arbeiten wird von der Uni grundsätzlich erlaubt, solange es entsprechend markiert ist.

Neben dem Studium wurden auch digitale Lösungen entwickelt, um Plätze für Praktika zu finden. Mithilfe einer Internetplattform werden die Lebensläufe und Bewerbungsschreiben von Studierenden auf Grundlage ihrer Eignung an Unternehmen weitergeleitet. Dadurch halbiert sich der Zeitaufwand für den Bewerbungsprozess. Eine weitere Veränderung ist, dass sich der Erwartungshorizont der Arbeitgeber entsprechend angepasst hat: Kenntnisse in Word, Excel oder anderen standardmäßig verwendeten Programmen werden nun immer vorausgesetzt. Für das Erlernen dieser und anderer technischer Kompetenzen bietet die Universität mittlerweile studienbegleitende Kurse an.

2. Die Rolle des Datenschutzes im Studium

Durch die Nutzung von digitalen Angeboten findet immer mehr Datenaustausch statt, sodass Datenschutz bei den vielen Verarbeitungen immer wichtiger wird. Im Studium bestehen besondere Gefahren, die ein Interesse an Datensicherheit begründen. Beispielsweise die Anonymität bei der Klausurbewertung. Da diese – zumindest im juristischen Studium – von Studierenden aus höheren Semestern durchgeführt wird, besteht die Gefahr, dass Korrektor und Verfasser miteinander bekannt oder befreundet sind und die Bewertung dadurch beeinflusst wird. In den fortgeschrittenen Phasen des Studiums besteht die Gefahr, dass Datenschutzlecks schwerwiegende Konsequenzen für die Studierenden haben können. Beispielsweise kann die unbefugte Weitergabe von Hausarbeiten zu Urheberrechtsverletzungen führen. Besonders kritisch ist die Weitergabe der Login-Daten für das WLAN der Universität. Denn durch die Verwendung derselben Anmeldedaten können Studierende nicht nur auf das WLAN zugreifen, sondern auch auf der Uni-Plattform Aktionen wie eine Exmatrikulation durchführen.

Das Legal Tech Lab

Das Legal Tech Lab ist eine studentische Initiative, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Themengebiet Legal Tech für Studierende zugänglich zu machen. Ende des Jahres 2017 entstand die Idee der Gründung, weil das Thema Legal Tech damals zunehmend an Bedeutung gewann. Allerdings zeigte sich dies nicht in den Lehrplänen der Universitäten. Um Studierenden trotzdem die Grundkenntnisse im Bereich Legal Tech zu vermitteln, nahm eine Gruppe von Studierenden der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main das Thema selbst in die Hand und gründete das Lab. Das Legal Tech Lab führt seitdem seine Arbeit als gemeinnütziger Verein. Die Leitung übernehmen ehrenamtlich arbeitende Studierende aus verschiedenen Studiengängen. Das Engagement umfasst momentan die Ausrichtung von Vorträgen oder Workshops mit Kanzleien sowie Weiterbildungsveranstaltungen und das Bereitstellen von digitalen Ressourcen, wie beispielsweise ein Wörterbuch für Legal Tech Terms. Im Bereich Datenschutz wurde zudem vom Autor eine Einführungsvorlesung in die DSGVO für die Mitglieder gehalten.

https://legaltechlab.de/

Trotz der zahlreichen Beispiele für die Relevanz von Datenschutz und diesbezüglichen Gefahren wird das Thema Datenschutz und insbesondere das Datenschutzrecht unter den Studierenden und Professoren noch immer zweitrangig behandelt. Das ist verwunderlich, denn die meisten Studierenden gehören der Generation Z – also den Geburtsjahrgängen 1995 bis 2010 – an. Diese Generation ist mit der Digitalisierung aufgewachsen, kommuniziert hauptsächlich digital über soziale Netzwerke und nutzt eine Vielzahl digitaler Angebote im Alltag. Daher wäre zu erwarten, dass ein kollektiv geschärftes Bewusstsein für den Schutz der Daten besteht. Jedoch kommt es unter Studierenden nur selten vor, dass sich jemand Sorgen um Datenlecks oder -missbrauch macht. Es wirkt eher, als gäbe es eine allgemeine Gleichgültigkeit dem Thema gegenüber. Vielleicht, weil wir „Digital Natives“ schon immer mit Daten bezahlt haben und diesem Risiko somit schon immer ausgesetzt waren.

Noch schlimmer steht es um das Datenschutzrecht. Es wird immer noch als trockenes und eher langweiliges Thema wahrgenommen, obwohl es höchste Relevanz hat. Das macht sich bemerkbar, indem Veranstaltungen zu Datenschutzrecht nur im Schwerpunkt angeboten werden und datenschutzrechtliche Fälle nur selten in Klausuren und Hausarbeiten auftauchen. Da es zudem kein Pflichtstoff für das spätere Staatsexamen ist, spielt es für viele Studierende keine Rolle und es begeistern sich daher nur wenige dafür.

3. Relevanz von Datenschutz für Studierende

Wie bereits aufgezeigt, verändert die Digitalisierung unsere Welt in rasantem Tempo, und mit diesen Veränderungen wächst auch die Bedeutung des Datenschutzes. Insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat weitreichende Auswirkungen, die vielen Studierenden noch nicht vollständig bewusst sind. Es ist unerlässlich, die Sensibilisierung für Datenschutzthemen zu erhöhen und zu verstehen, wann und wo die DSGVO anwendbar ist. Dies betrifft nicht nur Anwälte und Richter, sondern auch bereits Studierende und Referendare. Ob bei der Arbeit in einem studentischen Verein, in dem Mitgliederdaten verarbeitet werden, oder bei der Bearbeitung von Akten in der Bibliothek, während der Referendarszeit – überall muss Datenschutz beachtet und bewusst umgesetzt werden.

Unser Legal Tech Lab Frankfurt am Main bietet daher Veranstaltungen zur Einführung in das Datenschutzrecht an, um aufzuzeigen, wie die Regelungssystematik der DSGVO aufgebaut ist und worauf im Alltag geachtet werden muss. Solches Wissen ist besonders wichtig für Studierende der Rechtswissenschaft, denn beim Berufseinstieg werden in Zukunft nicht nur allgemeine juristische Kenntnisse, sondern auch ein tiefes Verständnis für digitale Themen und den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) benötigt. In diesem Kontext ist auch Wissen zum Datenschutz essenziell. Ohne diese Kenntnisse laufen sie Gefahr, in einer zunehmend digitalisierten Welt von anderen abgehängt zu werden.

Die Rechtsbranche, die traditionell als in dieser Hinsicht konservativ galt, erkennt zunehmend die Notwendigkeit der Digitalisierung. Dieser Wandel verändert auch die Geschäftsmodelle von Anwaltskanzleien. Während früher nach Stunden abgerechnet wurde, ermöglicht die Digitalisierung eine schnellere Generierung von Output, was die traditionellen Abrechnungsmodelle in Frage stellt. Diese Veränderungen haben auch marktwirtschaftliche Auswirkungen, weshalb es für Studierende wichtig ist, sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auseinanderzusetzen.

Der aktuelle Hype um Künstliche Intelligenz wird die Rechts- branche in den nächsten Jahren enorm verändern. Beim Einsatz von KI sind jedoch zusätzliche Anforderungen an den Datenschutz zu beachten. Anwälte müssen wissen, wie Daten verarbeitet werden, ob dies rechtmäßig geschieht und welche spezifischen Anforderungen erfüllt sein müssen. Der zukünftige AI-Act wird hierbei eine große Rolle spielen und weitere Richtlinien für den Einsatz von KI-Technologien festlegen. Sich hier nicht mit dem Thema Datenschutz auseinanderzusetzen, ist für die zukünftigen Berufsträger fahrlässig.

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Einhaltung der Berufspflichten. Anwälte unterliegen strengen Datenschutz- und Berufsregelungen, einschließlich der Schweigepflicht und den Strafvorschriften nach § 203 StGB. Es ist entscheidend, dass Studierende über diese Pflichten informiert sind und verstehen, welche Konsequenzen diese für ihre berufliche Praxis haben. Sei es der Auftragsverarbeiter, der nach § 203 StGB zur Vertraulichkeit verpflichtet werden muss, oder die Kanzleimitarbeiter, die im Umgang mit Datenschutz sensibilisiert werden müssen. Datenschutz ist für Berufsgeheimnisträger nicht nur eine berufsrechtliche Pflicht, sondern auch für die Reputation wichtig. Hier gilt die Devise „safe is better than sorry“.

Fazit

Die fortschreitende Digitalisierung bringt zahlreiche Vorteile und Herausforderungen mit sich. Besonders im Studium der Rechtswissenschaft wird deutlich, dass die Anpassung an digitale Standards und der Schutz persönlicher Daten unerlässlich sind. Studierende müssen frühzeitig für Datenschutzthemen sensibilisiert werden und verstehen, wie die DSGVO in verschiedenen Kontexten angewendet wird. Die Rechtsbranche selbst befindet sich im Wandel und erfordert von zukünftigen Berufsträgern ein tiefes Verständnis für digitale Technologien und Datenschutz. Nur so können sie den steigenden Anforderungen gerecht werden und verantwortungsvoll mit sensiblen Daten umgehen. Datenschutz ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch eine Frage der beruflichen Integrität und Reputation.

Über die Autoren

Emma Kiem


studiert im zehnten Semester Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt und bereitet sich gerade auf ihr Staatsexamen vor. Sie ist seit 2022 Vorstandsmitglied im Legal Tech Lab Frankfurt am Main e.V.

Dipl.-Jur. Sebastian Durchholz


tudierte Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt und ist derzeit Rechtsreferendar am LG Frankfurt. Zudem ist er externer Datenschutzbeauftragter und Geschäftsführer der Durchholz Consulting GmbH, Frankfurt. Er war von 2019 bis 2023 Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des Legal Tech Lab Frankfurt am Main e.V.

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