Karsten Füllhaase

EuGH: Video-Livestream des öffentlichen Schulunterrichts fällt unter DSGVO

Heute urteuilte der EuGH in der Rechtssache C-34/21, Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 20. Januar 2021 (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2021.098.01.0015.01.DEU&toc=OJ:C:2021:098:TOC). Es geht um Art. 88, also Datenverarbeitung im Beschäftigtenkontext. Es ging darum, um bei Einführung von Videokonferenzsystemen in der Schule neben der Einwilligung der Eltern auch die Einwilligung der jeweiligen Lehrer benötigt wird (urspr. Verfahren    VG Wiesbaden, 21.12.2020 – 23 K 1360/20.WI.PV, https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE210000164)

Das Thema betrifft abseits der Schule natürlich auch andere Bereiche, Videokonferenzsysteme werden ja vermutlich auch abseits der Schule eingesetzt.

Der EuGH stellt fest:

  • Die Verarbeitung personenbezogener Daten von Lehrkräften beim Videokonferenz-Livestream des von ihnen erteilten öffentlichen Schulunterrichts fällt in den sachlichen Anwendungsbereich der DSGVO
  • Dann befasst sich der EuGH damit, was eine nationale Regelung erfüllen muss, damit die Vorgaben des Art. 88 Abs. 2 DSGVO erfüllt werden.
  • Die Regelungen des § 23 Abs. 1 S. 1 HDSIG (= § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG) sind nach Ansicht des EuGH mit den in Art. 88 Abs. 1 und 2 DSGVO vorgesehenen Voraussetzungen und Grenzen nicht vereinbar.
  • Bzgl. der Rechtmäßigkeit Verarbeitung der Daten der Lehrer beim Einsatz der Videokonferenzsysteme in Schulen verweist der EuGH darauf, dass man prüfen muss, ob andere Tatbestände (z.B. für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt) vorliegen, welche die Verarbeitung erlauben.

Neben Videokonferenz kann man sich jetzt auch einige Gedanken zu den Regelungen in § 26 Abs. 1 BDSG machen. Von daher wird dieses Urteil auf Datenschutzbeauftragte in anderen Bereichen als dem Schulbetrieb interessieren.

Eine Liste der Dokumente zum EuGH-Verfahren ist unter: https://curia.europa.eu/juris/liste.jsf?oqp=&for=&mat=or&jge=&td=%3BALL&jur=C%2CT%2CF&num=C%2D34%2F21 zu finden.

Das Urteil selbst findet sich unter: https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=272066&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=2898222