Karsten Füllhaase

BfDI Ulrich Kelber zum Auftakt der BvD-Verbandstage: „Nicht Daten sind die neue Währung, sondern Vertrauen.“

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) betont zur Eröffnung des Frühjahrskongresses des Berufsverbands der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e.V. die Bedeutung der frühzeitigen Einbindung von Datenschützern in die Entwicklung von digitalen Produkten und Prozessen.

In seiner Eröffnungs-Keynote zum Frühjahrskongress des Berufsverbands der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e. V. plädiert der Bundesdatenschutzbeauftragte Prof. Ulrich Kelber dafür, Datenschutz als Motor für Innovation zu nutzen. Dabei kritisiert er unter anderem, dass in den Medien immer wieder Falschaussagen ungeprüft wiedergegeben werden, die den Datenschutz als Hauptgrund für gescheiterte Digitalisierungsbemühungen nennen. Der Datenschutz sei „kein Supergrundrecht, sondern Supersündenbock“, so Kelber. Er rät dazu, häufiger kritisch nachzufragen: „Wenn man Datenschutz in Interviews als ersten Grund hört, warum etwas nicht machbar sei, ist das häufig ein Zeichen dafür, dass man einem Digitalisierungsversager gegenübersitzt.“

Kelbers Vorschlag lautet im Gegenzug, Deutschland solle die Marktführerschaft in sicheren datenschutzfreundlichen Produkten anstreben, man solle „europäische Werte in Produkte übersetzen“ und dafür bereits heute verfügbare Technologien wie Verschlüsselung, Anonymisierung, Pseudonymisierung und föderales Lernen nutzen. Denn „nicht Daten sind die neue Währung, sondern Vertrauen“, so Kelber weiter. Um dies zu erreichen, müsse laut Kelber „Datenschutz in die DNA der Produkte einfließen“, also schon bei der Entwicklung mitgedacht werden. Für Datenschutzbeauftragte in Unternehmen und öffentlichen Stellen bedeutet dies, dass sie von Anfang an mit eingebunden werden müssten und nicht erst am Ende des Prozesses, kurz vor der geplanten Einführung. Nur so können Datenschutzbeauftragte ihren Job machen, was wiederum Zeit und Kosten spart und die Werte des Unternehmens schützt. Andernfalls drohten der Verlust von Daten und Kunden sowie beträchtliche Geldbußen.

BvD-Vorstandsvorsitzender Thomas Spaeing nahm in seiner Begrüßung eine Einordnung des diesjährigen Themenschwerpunkts „Datenschutz und IT-Sicherheit: digitale Zukunft begleiten“ vor. Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland immer noch mehr als 100 000 IT-Sicherheitsfachkräfte fehlen und der Bedarf auch mittelfristig nicht gedeckt werden kann, erinnerte Spaeing an das Knowhow von Datenschutzbeauftragten auf diesem Gebiet. „Gerade an Orten abseits der Zentren oder im Mittelstand können Datenschutzbeauftragte den Fachkräftemangel im Bereich IT-Sicherheit zumindest zum Teil ausgleichen“, so Spaeing. „Datenschutzbeauftragte sind hier seit jeher gut ausgebildete Ansprechpartner. Das bedeutet nicht, dass sie verantwortlich für die IT-Sicherheit eines Unternehmens sein können, oder dass sie zum Beispiel die Firewalls administrieren. Aber sie können Impulse geben und Prozesse mitgestalten. IT-Sicherheitsvorfälle haben nicht immer technische Ursachen, vielmehr werden sie durch menschliches Verhalten ausgelöst.“

Ein Versagen bei dem Gestalten digitaler Transformationsprozesse attestierten der Bundesrepublik gleich mehrere Keynote-Speaker, darunter Prof. Dr. Johanna Sprondel von der Hochschule Macromedia und die digitalpolitische Sprecherin der Fraktion „Die Linke”, Anke Domscheit-Berg. Beispiele aus dem Bildungs- und dem Gesundheitsbereich sowie aus der Digitalisierung der Verwaltung illustrierten anschaulich, wie weit Anspruch und Realität auseinanderliegen. Dass dies auch für die jüngst von der Politik verkündete Einigung auf eine neue Lösung für den EU-US-Datentransfer gilt, erläuterte Jurist und Datenschutzaktivist Max Schrems in seiner Keynote und kündigte an, dass es – sollten die bisherigen, spärlichen Informationen zu der neuen Lösung sich bewahrheiten – zu einer erneuten Klage vor dem europäischen Gerichtshof kommen wird.

Nach dem heutigen Auftakt, zu dem heute Abend auch die Preisverleihung des Datenschutz Medienpreises DAME gehört (s. gesonderte Presseinformation am 11.05.2022), wird am morgigen Mittwoch bei den BvD-Verbandstagen unter anderem über das Thema der Datensouveränität diskutiert. Die Keynotes am zweiten Kongresstag legen zudem einen Fokus auf aktuelle digitalpolitische Entwicklungen auf europäischer Ebene: Jana Gooth, wissenschaftliche Referentin des EU-Parlaments, gibt Einblicke in den vor wenigen Tagen abgeschlossenen Gesetzfindungsprozess zum Digital Services Act (DSA). Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. Dieter Kugelmann, spricht über Datenschutz im digitalen EU-Binnenmarkt wie auch über den DSA und geht außerdem auf weitere bevorstehende europäische Gesetzgebungsprojekte wie den Artificial Intelligence Act oder den Digital Markets Act ein. Neben den Keynotes thematisieren zahlreiche Fachvorträge aktuelle Praxisthemen aus dem beruflichen Alltag der Datenschutzbeauftragten.

Nach zwei pandemiebedingten Online-Jahrgängen finden die BvD-Verbandstage mit rund 200 Teilnehmenden, Referentinnen und Referenten wieder als Präsenzveranstaltung in Berlin statt.

Ihr Ansprechpartner:

BvD-Pressestelle, Tel: 030 26 36 77 60, Budapester Straße 31, 10787 Berlin

E-Mail: pressestelle@bvdnet.de, Internet: https://www.bvdnet.de

Der BvD: Die Interessenvertretung der Datenschutzbeauftragten

Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung ist der BvD die älteste Interessenvertretung für betriebliche und behördliche Datenschutzbeauftragte und -berater. BvD-Mitglieder sind in allen Branchen vertreten, insbesondere IT und IKT, Industrie/Produktion, Handel/Vertrieb, Beratung und Gesundheits- und Sozialwesen – und dort als konstruktiv-lösungsorientierte Datenschutzexperten ein wichtiger Partner für die verantwortliche Unternehmensleitung. Alle Vorstände, alle Leiter von Arbeitskreisen, Ausschüssen und Regionalgruppen des BvD bringen ihre praktische Erfahrung unentgeltlich in die Verbandsarbeit ein. Mit der Gründung des Europäischen Dachverbandes EFDPO hat der BvD die Weichen für verstärkte Vernetzung und Kommunikation auf EU-Ebene gestellt.

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