Karsten Füllhaase

Tätigkeit des benannten DSB: Kein Konflikt zum Rechtsdienstleistungsgesetz

(Autorin: Regina Mühlich)

Der Anwaltsgerichtshof NRW (AGH NRW) hat sich mit Urteil vom 12.03.2021 zur Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten und der grundsätzlichen Vereinbarkeit mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) geäußert.

1. Um was geht es?

Die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten (DSB) ist eine Berufstätigkeit. Bereits im Januar 2020 hat der Bundesfinanzhof darüber entschieden. Nicht zu vergessen das berühmte Ulmer Urteil von 1990. So hat das Landgericht Ulm in seinem Beschluss (Az.: 5T 153/90-01 LG Ulm) festgestellt, dass betriebliche und behördliche Datenschutzbeauftragte einen Beruf ausüben, weil sie mit ihrer Tätigkeit einen auf Dauer berechneten und nicht vorübergehenden Beitrag zur gesellschaftlichen Gesamtleistung erbringen. Auch wenn sie ihre Aufgabe als Datenschutzbeauftragte neben ihrem eigentlichen Hauptberuf ausüben, sei diese Tätigkeit aus verfassungsrechtlicher Sicht als Beruf anzusehen.

Das RDG stattet Rechtsanwälte mit besonderen Befugnissen aus, die Nicht-Anwälten nicht zugestanden werden. Der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich im Urteil vom 12.03.2021 – 1 AGH 9/19 – mit der Frage beschäftigt, ob nur Anwälte als Datenschutzbeauftragte tätig sein dürfen. Die Antwort auf diese Frage interessiert vor allem viele externe Datenschutzbeauftragte, weil diese in der Regel keine Rechtsanwälte sind.

Die Befugnis zur Rechtsberatung durch einen benannten Datenschutzbeauftragte ergibt sich laut Urteil aus Art. 39 DSGVO (Aufgaben des Datenschutzbeauftragten). Dort steht, dass seine Aufgabe die „Überwachung der Einhaltung dieser Verordnung [oder] anderer Datenschutzvorschriften“ beinhaltet. Es geht also um die Diskussion, ob die Datenschutzbeauftragten durch die in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorgegebene Tätigkeit, die eben auch eine datenschutzrechtliche Beratung beinhaltet, in Deutschland eine datenschutzrechtliche Beratung ausüben dürfen, oder ob diese Rechtsberatung ein Verstoß gegen das RDG darstellt.

2. Was hat der AGH NRW entschieden?

Der Anwaltsgerichtshof NRW hat hierzu ein klar und gut begründetes Urteil gefällt und der Begründung ist nicht viel entgegenzuhalten.

Das AGH urteilte, dass die Tätigkeit des DSB eine Rechtsdienstleistung i.S.d. § 2 des RDG ist.

Der AGH sagt auch, dass es sich hier um eine erlaubte Rechtsdienstleistung unter Bezugnahme §§ 1 und 3 RDG handelt. Sinngemäß heißt es dort, dass Rechtsdienstleistung nicht rechtswidrig ist, wenn es ein anderes Erlaubnisgesetz außerhalb des RDG gibt. Art. 39 DSGVO ist so eine Erlaubnisnorm. In seinem Wortlaut wird die Rechtsdienstleistung ausdrücklich erwähnt. Es heißt dort, dass die Beratung und Unterrichtung über die Rechte und Pflichten nach dieser Verordnung dazugehören. D.h. Art. 39 DSGVO definiert hier die datenschutzrechtliche Beratung durch den Datenschutzbeauftragten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

In Art. 39 DSGVO sind, so der AGH, die Aufgaben und Befugnisse des DSB für einen bestimmten Bereich und spezielle Tätigkeiten hinreichend definiert.

3. Was sind die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten?

Die Rechtsberatung ist eines der drei Kernelemente, aber eben nur eins und in der Regel auch der kleinere Teil bei der Tätigkeit eines Datenschutzbeauftragten. Die drei Kernelemente sind: die betriebswirtschaftliche Beratung, die technisch-organisatorische Beratung und daneben eben auch die rechtliche, die datenschutzrechtliche, Beratung.

Selbst wenn Art. 39 DSGVO kein ausreichendes Erlaubnisgesetz ist, muss man auf § 5 RDG kommen und Bezug nehmen. Die Rechtsberatung ist zumindest eine erlaubte Nebentätigkeit. Eine erlaubte Rechtsdienstleistung, die eben erbracht werden können muss, damit der DSB seine Tätigkeit gemäß gesetzlicher Vorgaben auch erfüllen kann.

Wichtig dabei ist: die Rechtsdienstleistung für einen DSB ist nur so weit erlaubt, als sie zur Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter erforderlich ist. Also nicht darüber hinaus – ungeachtet dessen, ob der benannte Datenschutzbeauftragte ein Anwalt ist oder nicht. Es liegen hier unterschiedliche Berufsbilder und Rollen vor, welche in Ihrer Ausübung zu unterscheiden und zu trennen sind und eben nicht miteinander vermischt werden dürfen. Zu prüfen ist auch, inwieweit es nicht auch zu einem Interessenkonflikt zwischen Rechtsberatung als Datenschutzbeauftragter und anwaltlicher Beratung kommt.
Folglich kann auch ein Rechtsanwalt, welcher als DSB benannt ist, in dieser Funktion nur, und eben nur, die (Beratungs-)Aufgaben eines DSB wahrnehmen. Für darüber hinausgehende Rechtsberatung ist er als DSB „nicht zuständig“ und kann er qua seiner Funktion als DSB auch nicht übernehmen.

Des Weiteren ist ggf. auch darüber zu diskutieren, was zum Datenschutzrecht noch dazu gehört; z.B. UWG, Einwilligungserklärung, AGB-Recht, SGB, etc. Wo beginnen die Grenzen, wo hören sie auf und wie tief – die vertiefte Auslegung, als Sekundärfragen auch unter Haftungsaspekten.

4. Fazit

Nicht die Klärung von Rechtsfragen macht den Schwerpunkt der typischen Tätigkeit des benannten Datenschutzbeauftragten aus, dies ist eine Nebentätigkeit. Der Schwerpunkt der Tätigkeiten liegt in der Prüfung von Abläufen, Verarbeitungen und Prozessen, d.h. in der Kontrolle und Überwachung der Datenschutzkonformität und die Einhaltung der DSGVO durch die Organisation.

Bei der DSGVO handelt es sich um eine EU-Verordnung, welche Vorrang vor nationalem Recht hat. Nationales Recht, hier das RDG, kann nicht so ausgelegt und angewendet werden, dass das Unionsrecht in seiner Wirksamkeit eingeschränkt wird.

5. Weitere Informationen

Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e.V. Positionspapier (Stand: April 2021): https://www.bvdnet.de/wp-content/uploads/2024/02/BvD-Positionspapier-DSB-kein-Konflikt-zum-RDG.pdf 

Urteil 1 AGH 9/19 vom 12.03.2021: https://openjur.de/u/2336889.html 

Otto Schmidt live – der Podcast by Verlag Dr. Otto Schmidt (Folge 06.05.2021): Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten: Kein Verstoß gegen das RDG! https://anchor.fm/verlag-dr-otto-schmidt/episodes/Ttigkeit-des-Datenschutzbeauftragten-Kein-Versto-gegen-das-RDG-e10br9e 

Datenschutz PRAXIS – der Podcast: DSB-Tätigkeit nicht im Konflikt mit RDG I Podcast Folge 22 (21.05.2021): https://www.datenschutz-praxis.de/datenschutzbeauftragte/dsb-taetigkeit-nicht-in-konflikt-mit-rdg-podcast-folge-22/  (WEKA Media GmbH & Co KG).